Im Anschluss an die Berichterstattung der Rhein-Zeitung zur zurückliegenden Infoveranstaltung der Initiative M.U.T. veröffentlichte der TuS Höhn eine Stellungnahme, in der er seinen ersten Vorsitzenden, Lars H., pauschal in Schutz nimmt.
Dieser habe ein tadelloses Führungszeugnis, eine „aktuell tadellose Vita“ und sei durch den Fußballverband Rheinland ausgezeichnet worden, was seine Integrität belege. Dabei geht der Verein auf keinen Sachverhalt ein, der bei der Veranstaltung der Initiative M.U.T. thematisiert wurde. Um eine faktenbasierte und öffentliche Debatte zu fördern, veröffentlichen wir im Folgenden unsere Erkenntnisse zu Lars H..
Vorwort:
Auch ein Großteil unserer Mitglieder kommt vom Dorf. Wir sind in Vereinen aktiv und wissen um die Bedeutung einzelner, engagierter Mitglieder für ganze Strukturen. Wir verstehen daher, dass Vereine sich für engagierte Mitglieder einsetzen. Nichtsdestotrotz müssen Vereine und Strukturen Verantwortung übernehmen und dürfen sich Fakten nicht verschließen. Nach unserer Überzeugung kann Verantwortung aber nur übernehmen, wer über das notwendige Wissen verfügt um Entscheidungen abwägen zu können. Zur Arbeit unseres Vereins gehört es, vorhandene Sachverhalte aufzubereiten, zur Verfügung zu stellen und einzuordnen. Dabei ist es nicht unser Anliegen, wahllos Menschen in die Öffentlichkeit zu ziehen. In unseren Recherchen achten wir strikt auf journalistische Standards. Die Thematisierung von Einzelpersonen erfolgt lediglich dann, wenn explizite Gründe diese notwendig machen. In einem aufwendigen Reflexionsprozess und unter anwaltlicher Beratung wägen wir dazu Persönlichkeitsrechte und öffentliche Interessen scharf ab. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst.
Der Kontext:
Im Jahr 2025 orientiert sich die extrem rechte Szene im Westerwald gezwungenermaßen um. Im Zuge dessen ist eine Verschiebung ihres Schwerpunkts in die Verbandsgemeinde Westerburg, besonders in den Ort Höhn festzustellen (wir berichteten hier "Quellenlink"). Der Ort steht daher verstärkt im Fokus öffentlichen Interesses. Im Vortrag „Die extreme Rechte im Westerwald“, der am 21.11. in Höhn-Schönberg gehalten wurde und Anlass der Berichterstattung war, lag unser Fokus auf dem Thema „Die extrem rechte Szene & Jugendliche“.
Einleitend zu diesem Themenkomplex ist festzustellen, dass Neonazis in den letzten Jahren bundesweit verstärkt für die Anwerbung Jugendliche agitieren. Laut offiziellen Angaben hat sich die Zahl der Tatverdächtigen bei politisch motivierten, rechtsextremistischen Delikten unter Jugendlichen im Jahr 2024 im Vergleich zu 2023 verdoppelt — allein in der Altersgruppe 14-17 stieg sie von 1.785 auf 3.854. Gleichzeitig nahm die Gewaltbereitschaft zu. Im selben Jahr verzeichnet der jüngste Bericht des Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) insgesamt 37.835 rechtsextremistische Straftaten, darunter 1.281 Gewalttaten, was einen deutlichen Anstieg gegenüber dem Vorjahr bedeutet (siehe "Quellenlink"). Damit formiert sich eine neue Generation junger Rechtsextremer und lose organisierter Neonazi-Gruppen. Diese sind häufig über soziale Medien vernetzt, pflegen eine zumeist martialische Rhetorik und fallen durch eine hohe Mobilisierungsfähigkeit auf (siehe "Quellenlink"). Diese Entwicklung verdeutlicht, dass neonazistische Einstellungen und strukturell organisierte, aggressive Jugendgruppen keinesfalls ein Randphänomen sind sondern eine reale Gefahr darstellen.
Um diese Entwicklung und Bestrebungen wissend, blicken wir auf die Nachberichterstattung der AfD Westerwald zu ihrer Aktion „Vorglühen mit der AfD“, einer Parallelveranstaltung zur Höhner Kirmes:
„Schon früh sammelten sich interessierte Bürgerinnen und Bürger, viele davon Jugendliche, rund um unseren Stand. Besonders beeindruckend war, dass teils Gruppen mit bis zu 30 jungen Leuten direkt von der Kirmes zu uns kamen, nachdem sie gehört hatten, dass die AfD vor Ort ist. Die Jugend zeigte dabei deutlich, dass sie keine ‚Brandmauer‘ braucht. Sie wissen, wer sich für Deutschland starkmacht, wer für Recht, Ordnung und Heimat einsteht. In Gesprächen wurde klar: Viele junge Menschen sehnen sich nach politischer Klarheit, Ehrlichkeit und Perspektiven, die unser Land voranbringen. Werte, für die die AfD steht. Das ‚Vorglühen mit der AfD‘ war somit nicht nur ein geselliger Treffpunkt, sondern auch ein voller Erfolg für den direkten Austausch mit der jungen Generation.“
Auf den Fotos, die die AfD zu ihrem Bericht mitliefert, ist nicht nur eine Gruppe anonymisierter Jugendlicher zu erkennen, ebenso fällt eine Person ins Auge, die bei einer Gruppe Jugendlicher steht, aber nur von hinten zu erkennen ist. Auffällig sind die schwarze Snapback, die Brille sowie der Bart; auch die tätowierten Arme des Mannes springen ins Auge. Wer nun die öffentlich zugänglichen Partybilder der Kirmes durchklickt, findet ein Bild vom selben Abend. Darauf zu erkennen: Lars H. mit schwarzer Snapback, Brille, Bart und der selben auffälligen Tätowierung an seinem rechten Ellenbogen.

Im Folgenden legen wir unsere Ausführungen mit Bezug auf den Fall Lars H. detailliert vor. Zur besseren Orientierung ziehen wir die Argumentation chronologisch auf und trennen die Beschreibung der Fakten von unserer Einordnung. Machen Sie sich selbst ein Bild und eine Meinung zum Thema. Wir beginnen mit einem Rückgriff auf die Vergangenheit von Lars H., deren „fortgesetzte Verknüpfung“ der TuS Höhn als „unfaire[n] und unzulässige[n] Angriff“ kritisiert.
2005 findet ein Gerichtsprozess gegen mehrere Neonazis aus dem Westerwald statt. Die Vorwürfe umfassen schweren Landfriedensbruch, Körperverletzung und Gründung einer kriminellen Vereinigung (siehe "Quellenlink"). Wie die TAZ berichtete (siehe "Quellenlink"), erhielt Lars H. die Höchststrafe: 3 Jahre Haft. Der Blog Belltower News berichtet, dass mit zunehmendem Einfluss von Lars H. innerhalb der Kameradschaft deren Aktivitäten als kriminelle Vereinigung begonnen hätten (siehe "Quellenlink"). Noch im Gericht zeigte dieser sich reuig.
Einordnung: Uns ist wichtig zu betonen, dass wir jede*n ernsthafte*n Aussteiger*in respektieren und unterstützen. Menschen die diesen Schritt aus Überzeugung gehen, gilt unsere Solidarität. Im Lichte aktueller Erkenntnisse muss die Distanzierung von Lars H. aus dem Jahr 2005 unserer Ansicht nach allerdings in Frage gestellt werden.
2020 wird ein Telegram-Account mit dem Namen „Lars WW Bomber“ in zwei großen Telegramgruppen auffällig. Im November tritt dieser der einschlägigen Gruppe "Westerwälder für die Freiheit", später "Wäller Freiheit", bei. Auf dem Profilbild des Accounts ist der kniende Lars H. mit zwei Hunden zu erkennen. Zwischenzeitlich wird der Name des Profils in Ww Bomber verkürzt.

Bis 2022 beteiligt sich das Profil rege an den Diskussionen und offenbart im Zuge dessen Einstellungsmuster, Überzeugungen und Verbindungen. Im Folgenden dokumentieren wir verschiedene dieser Aussagen und ordnen sie ein. In einer Diskussion, die sich mit angeblichen menschlichen Rassen beschäftigt, pflichtet der selbsternannte Ww Bomber dem Wortführer bei, in dem er bekräftigt, dass es eine beabsichtigte „Vermischerei“ von menschlichen Rassen gebe mit dem Ziel, „die Menschheit leichter zu kontrollieren“. Deshalb stellt er fest, dass man die angeblichen menschlichen Rassen ebenso wenig kreuzen dürfe, wie man „auch kein[en] Schäferhund mit einem Dackel [kreuzt]“.

Eine andere Stellungnahme des Accounts behauptet, dass „Pcr Tests“ dazu dienen würden „DNA zu sammeln“, welche genutzt würden um eine Art Datenbank zu speisen, aus der „Leute[n] mit Geld“ bei Bedarf „unfreiwillige“ Organspender auswählen könnten. „Diese erfundene Pandemie“, beteuert er, sei „das beste Beispiel für diesen teuflischen Weg“, den unter anderem Bill Gates vorantreibe.

An anderer Stelle distanziert sich ein Mitglied des Gruppenchats offensiv von dem Versuch der Partei „Der III. Weg“, die unangemeldeten Demonstrationen der Gruppe zu unterstützen. Dem widerspricht H. und gibt dabei preis, von der Existenz zweier Parteimitglieder in der Gruppe zu wissen.

Auch an einer anderen Stelle springt er einem radikalen Akteur zur Seite, von dem sich Teile der Gruppe distanzieren wollen. Zu diesem Zweck lädt er Mario Buchner und Torsten Frank (Anführer der Gruppe „Forke & Schaufel“) in den Chat ein und betätigt sich als eine Art Interviewer und Vermittler.

Im Anschluss an eine Diskussion über die Frage, wer bereits was getan hat in der Zeit der Coronapandemie, reagiert H. mit der Aussage, dass er bereits rund „500 Demos auf meiner Habenseite“ wisse und dass es Leute gebe, die bereits „über Jahre im Widerstand sind und nicht erst jetzt seit einem Jahr“.

Es scheint uns erhellend einen Blick darauf zu richten, welche Personen Ww Bomber innerhalb der Gruppe teilt und positiv hervorhebt. Dazu zählen einschlägige Kanäle wie der von Martin Sellner, Der Volkslehrer und – ganz besonders – „der narr“ oder auch „Narraktiv“. Dessen Beiträge teilt der Ww Bomber immer wieder und ruft dazu auf den narr auf seiner Reise nach Berlin zu unterstützen (dort wolle der narr bleiben bis die Regierung gestürzt wurde). Diese Verbindung ist besonders spannend, denn bei dem selbsternannten „der narr“ handelte es sich um das ehemalige NPD-Kreistagsmitglied Christian Greeb. Dieser und Lars H. kennen sich bereits aus der Zeit der Kameradschaft Westerwald.


Schlussendlich ist für Ww Bomber klar, dass man sich "auf das Schundgesetz,,ah Grundgesetz nicht mehr berufen" könne.

Sie hätten ganz im Gegenteil „nichts mehr zu verlieren. Die Freiheit ist weg.Also weckt den Kampfgeist“.

Einordnung: Unserer Ansicht nach zeichnen die Aussagen ein deutliches Bild. Das Profil, Lars WW Bomber/Ww Bomber, welches Lars H. zugerechnet werden muss, äußert sich rassistisch und dezidiert verschwörungstheoretisch, indem er die Aussage stützt, dass angebliche menschliche Rassen existieren und diese angeblich gezielt vermischt würden. Die Rhetorik impliziert eine nicht näher genannte Elite, die durch diese Vermischung die Menschheit unterwerfen wolle. In diesem Kontext trügen die Maßnahmen gegen das Infektionsgeschehen dazu bei, die Menschen als eine Art Organersatzteillager zu verwenden. Darüber hinaus unterstützt er die Normalisierung extrem rechter Akteur*innen wie den III.Weg, Forke & Schaufel, Martin Sellner, Der Volkslehrer und den narr in einer ansonsten politisch heterogenen Gruppe von verschwörungsgläubigen Coronamaßnahmenkritiker*innen. Insbesondere die Bezugnahme auf Christian Greeb sollte dabei aufhorchen lassen. Hier kommt offensichtlich eine alte Bekanntschaft aus Zeiten der Kameradschaft Westerwald zum Tragen. In diesem Zusammenhang muss unserer Ansicht nach auch die Aussage interpretiert werden, dass andere Menschen bereits über viele Jahre im Widerstand aktiv und speziell er selbst bereits auf hunderten Demonstrationen gewesen sei. Sowohl der Kontakt zu Greeb als auch diese Bezugnahme auf viele Demonstrationen und Jahre des Widerstands werten wir als positiven Rückbezug auf seine Aktivitäten als einer der maßgeblichen Akteure innerhalb der Kameradschaft Westerwald.
Zwischen 2023 und 2024 lässt sich Lars H. den rechten Ellenbogen tätowieren. Bei dieser Tätowierung handelt es sich um eine sogenannte „Schwarze Sonne“.

In der Zeit des Nationalsozialismus zierte das zwölfspeichige Sonnenrad den Boden des ehemaligen Obengruppenführersaals der Wewelsburg, der zentralen SS-Ordensburg in der Nähe von Paderborn. In einem Paper des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit e.V. (kurz IDA) wird die „Schwarze Sonne“ daran anknüpfend als „wichtige[s] Symbol der rechtsextremen Szene (…)“ beschrieben. In Anbetracht „des inflationären Gebrauchs des Symbols im gegenwärtigen rechtsextremen Spektrum [bspw. als Tätowierung - Anm. DEMOS e.V.] gehen Beobachter der Szene davon aus, dass die ‚Schwarze Sonne‘ das in Deutschland verbotene Hakenkreuz als typisches ideologisches Erkennungsmerkmal teilweise bereits ersetzt hat“ (siehe "Quellenlink"). Das Tattoo ist eindeutig zwischen 2024 und 2025 entstanden und stellt damit kein Überbleibsel aus seiner Zeit in der Kameradschaft dar. Das lässt sich anhand von zwei Bildern nachweisen, die beide auf einem Instagramkanal des TuS Höhn veröffentlicht wurden.


Einordnung: Der Hintergrund der „Schwarzen Sonne“ als Symbol ist ein eindeutiger Bezug auf extrem rechte Ideologie. Zusammen mit dem eingegrenzten Zeitpunkt der Tätowierung handelt es sich damit um ein weiteres Indiz für die These, dass die Distanzierungen von 2005 heute keinen Bestand mehr haben. Ganz im Gegenteil muss diese Entscheidung wohl als ein klares Bekenntnis zu einer extrem rechten Gesinnung gewertet werden.
2025 besucht Lars H. nachweisbar zwei Veranstaltungen der AfD Westerwald in Höhn. Die AfD Westerwald ist für ihre Kontakte und Verbindungen in die extrem rechte Szene bekannt. In den zurückliegenden Jahren, Monaten und Wochen dokumentierten wir viele dieser Verstrickungen akribisch (Beispiele hier, hier, hier). Eine Veranstaltung fand statt in den Räumlichkeiten des ehemaligen Westerwald Grills, die zweite Veranstaltung ist das „Vorglühen mit der AfD“ – hier schließt sich der Kreis zum Aufhänger dieser Recherche.

Schlussfolgerungen.
Wer journalistische Standards anlegt, weiß, dass es unzulässig ist eine These oder eine Schlussfolgerung auf einer einzigen Quelle aufzubauen. Unsere Schlussfolgerung fußt nun auf insgesamt 3 Säulen (Aussagen innerhalb verschwörungstheoretischer Chatgruppe, Tätowierung neonazistischer Symbolik, Nähe zur AfD Westerwald). Darüber hinaus erfolgt die Veröffentlichung nicht alleine weil diese Belege existieren, sondern weil öffentliches Interesse besteht. Lars H. hat durch seine Position als Vorsitzender des lokalen Fußballvereins eine herausgehobene Stellung. Als ehemaliger Vorsitzender des JFV-Oberwesterwald und seine Funktion als Trainer einer Jugendmannschaft (bis kurz nach der Veranstaltung war diese Information noch auf der Homepage abrufbar, siehe "Quellenlink". Mittlerweile ist Lars H. dort nicht mehr aufgeführt), ist sein Einfluss zum einen auf den Verein im Gesamten, im Speziellen aber insbesondere auch auf Jugendliche, nicht zu unterschätzen. Dazu kommt, dass H. durch seine Betätigung als Jäger (und dazu Beisitzer des Landes Jagdverband Rheinland-Pfalz Kreisgruppe Westerwald im Hegering Westerburg siehe "Quellenlink") über einen Zugang zu Schusswaffen verfügt. Diese beiden Faktoren stellen nach unserer Überzeugung nach hinreichende Gründe dar, Öffentlichkeit über unsere Erkenntnisse herzustellen.
Die hier dargestellten Indizien lassen unserer Ansicht nach den Schluss zu, dass Lars H. nach Ableistung seiner Haftstrafe nicht dauerhaft ausgestiegen ist, sondern sich im Gegenteil in den letzten Jahren eher radikalisierte. Davon zeugen die offensiv rassistischen und verschwörungsideologischen Aussagen innerhalb der Telegramgruppe, seine positiven Bezüge auf seine Aktivismusgeschichte, der Kontakt zur extrem rechten AfD Westerwald und das ideologische Bekenntnis in Form der Schwarzen Sonne als Tätowierung.
Die TuS Höhn betonte in ihrer Pressemitteilung, das tadellose Führungszeugnis und die „aktuell tadellose Vita“ ihres Vorsitzenden. Im Angesicht der von uns dargelegten Fakten sind wir der Überzeugung, dass diese Aussage überdacht werden muss. Abseits jeder strafrechtlichen Relevanz der von uns vorgetragenen Inhalte scheint es notwendig, einen Diskurs über Verantwortung zu führen. Verantwortung über die Frage, mit wem und mit welcher Ideologie junge Menschen im Kontext von Sport in Verbindung gebracht werden und welche Menschen als Jäger Zugang zu Waffen erhalten sollten.

