Hassfabrik: Entstehung, Aktivitäten, Ausblick.
Fassfabrik am Tag der Einweihung. Copyright Alex Feldner.

Hassfabrik: Entstehung, Aktivitäten, Ausblick.

Als Zentrum der extremen Rechten besteht seit 2019 die selbsternannte „Fassfabrik” in Hachenburg. Der Name „Fassfabrik“ knüpft an die historische Nutzung des Gebäudes an. Zwischen 1942 und 1943 wurden hier Osteuropäer:innen zur Zwangsarbeit gezwungen. In der demokratischen Öffentlichkeit des Westerwalds etabliert sich seitdem gemeinhin der Name „Hassfabrik“.

Hier geht es zum ersten Teil unseres Dossiers: Hassfabrik dicht machen! Der nachfolgende Text entstammt der vereinseigenen Publikation "Basaltblume. Analysen, Hintergründe, Recherchen #1 / 2022". Die gesamte Publikation erhalten Sie auf Anfrage.

 

Entstehung

„Die AfD braucht eine Denkfabrik á la IfS in Schnellroda”[1][2], so lautet die Losung eines gewissen "Andrej Pastuch" (wörtlich aus dem Polnischen übersetzt: Andreas Schäfer) in einem Facebook-Kommentar. Mutmaßlich handelt es sich dabei um den ehem. stellvertretenden AfD-Vorsitzenden im Kreisverband Westerwald, Andreas Schäfer[3], dessen politische Verortung damit offensichtlich würde. Das so genannte "Institut für Staatspolitik (IfS)” rund um den Publizisten und Verleger Götz Kubitschek wird seit 2021 durch das Landesamt für Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.[4] Es fungiert als ideologisches und strategisches Zentrum der Neuen Rechten. Als Geschäftsmann[5] und Mitglied des Kreistages Westerwald[6] ist Schäfer offenbar die treibende Kraft hinter der Finanzierung und Verwirklichung eines Zentrums der extremen Rechten im Westerwald. In einem internen Rundschreiben an die Mitglieder der AfD Westerwald zur Eröffnung der „Fassfabrik” in der Straße Zur Tiefenbach 6 in Hachenburg am 03.10.2019 wird Schäfer dementsprechend in besonders exponierter Weise hervorgehoben:

„[...] Durch unvergleichbares Engagement von Andreas Schäfer öffnen wir am 3ten Oktober die Pforten einer 200m2 großen Räumlichkeit für Vorträge, Sitzungen, Versammlungen, gesellige Abende, für Lagermöglichkeiten und Büronutzung und vieles mehr. […] Andreas Schäfer hat uns und damit der AfD, etwas herausragendes erschaffen und viel Geld investiert. Einen Leuchtturm des Widerstandes im Westerwald, ein Zentrum der Aufrechten und der Vernünftigen. [...]" (Fehler im Original)[7].

Auf die Frage, warum die „Fassfabrik” besonders als Knotenpunkt der extremen Rechten in Westdeutschland ihre Bedeutung erhält, wollen wir im Folgenden genauer eingehen. Ähnlich wie das rund 100-Einwohner Dorf Schnellroda in Sachsen-Anhalt, in welchem sich das „IfS” im Gebäude eines Ziegenhofes befindet, bietet auch die ländliche Region des Westerwaldes zumindest an der Oberfläche und im Vergleich zu urbanen Zentren einen vermeintlich ruhigen Rückzugsraum für die eigenen Aktivitäten der extremen Rechten. Zudem ist die geographische Lage des Westerwaldes im Drei-Länder-Eck Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz traditionell sehr gut dazu geeignet, eine länderübergreifende Kooperation verschiedener Strömungen der extremen Rechten zu etablieren und Kräfte an diesem Ort zu bündeln. Dass ausgerechnet eine Örtlichkeit am Rand der rund 6000 Einwohner:innen zählenden Stadt Hachenburg, welche sich in ihrem Selbstverständnis als weltoffen und tolerant versteht[8], zum „Stützpunkt” der extremen Rechten im Westerwald avancieren soll, markiert jedoch bereits einen wesentlichen Unterschied zum Konzept der „Denkfabrik á la IfS”.  In der „Fassfabrik“ werden keine Bücher geschrieben, es wird auch keine „intellektuelle Arbeit” betrieben. Sie versteht sich selbst als „Leuchtturm des Widerstandes”. Hier treffen sich finanzstarke Unterstützer, parlamentarische Vertreter und gewaltorientierte Strukturen, um sich zu vernetzen, Bindungen zu festigen und in einer als „feindlich” wahrgenommenen Umgebung Ideologie „á la IfS“ zu transportieren. Nicht der intellektuelle Anstrich, sondern das ungestörte Zusammenkommen steht offenkundig im Vordergrund. Dies verdeutlichen nicht zuletzt die Aktivitäten, die sich seit der Eröffnung in und um das Gebäude der „Fassfabrik” beobachten lassen.

 

Aktivitäten

Bereits eine Woche vor der offiziellen Eröffnung lud die AfD Westerwald zu einem Herbstfest mit Fußballspiel. Unter den ersten Besucher:innen befanden sich zum damaligen Zeitpunkt in der Öffentlichkeit sowohl eher unbekannte, als auch bereits auffällig gewordene Personen.[9] Neben dem Landtagsabgeordneten Joachim Paul[10] und dem AfD-Kreistagsmitglied Gilbert Kalb[11] fanden sich auch die Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmeier[12] und Andreas Bleck[13] zur inoffiziellen Eröffnung der „Fassfabrik“ ein. Als besonderer Gast ist Andreas Kalbitz[14] hervorzuheben, welcher zu dieser Zeit als Organisator hinter dem völkischen Flügel der AfD zu verorten war und als rechte Hand von Björn Höcke galt. Mittlerweile ist Kalbitz aufgrund investigativer Recherchen zu seiner Mitgliedschaft in der neonazistischen „Heimattreuen deutschen Jugend”[15] offiziell aus der AfD ausgeschlossen worden.[16]

Pünktlich zum Tag der deutschen Einheit am 3.10.2019 fand die offizielle Eröffnung statt. Zu diesem Anlass referierte Hansjörg Müller (ehem. MdB). Selbiger galt als Anhänger des formell aufgelösten Flügels[17] und verschaffte im November 2020 so genannten „Querdenkern” Zugang zum Bundestag, wo diese Abgeordnete bedrängten.[18]

Bereits einen Monat später sollten wir einen tiefergehenden Einblick darüber erhalten, was sich die AfD-Westerwald unter einem „geselligen Abend” in der „Fassfabrik“ vorstellt. In einer uns vorliegenden E-Mail an die „liebe[n] Parteimitglieder der AfD Westerwald" liest sich das, was man an einem geschichtsträchtigen Datum wie dem 09.11.[19] zu feiern gedenkt, wie folgt:

„Nach dem beeindruckenden Wahlsieg unserer Freunde in Thüringen, welchen wir im prall gefüllten Kneipenbereich der Fassfabrik feierten, hat sich Andreas Schäfer für die neue Räumlichkeit eine weitere Veranstaltung einfallen lassen - ein zünftiges und traditionelles Schlachtfest mit allem, was dazu gehört.”[20]

Ausgerechnet am Gedenktag für die Opfer der Reichspogromnacht als politische Partei in Deutschland ein „traditionelles Schlachtfest” zu feiern, lässt aufhorchen. Es fügt sich ins Bild, dass zum einjährigen Geburtstag im Oktober 2020 Harald Weil (MdB) als Vortragender in der Fassfabrik auftritt, der zuletzt mit dem durchaus aussagekräftigen Wunsch unbeabsichtigt in die Schlagzeilen geriet, nach dem es in Deutschland mit Blick auf die sich zuspitzende Energiekrise „hoffentlich” richtig „dramatisch” werde im Winter.[21] Allein anhand dieser wenigen Beispiele an veröffentlichten Aktivitäten zeigt sich die tiefe Verankerung der „Fassfabrik“ in den bundesweiten Parteistrukturen der AfD. Der Fokus liegt darauf, extrem Rechten Vertretern der AfD sowie außerparlamentarischen Gruppierungen[22] eine sichere Bühne in einem Raum ohne Widerspruch bieten zu können. Die selbstreferentielle Eigenbespaßung erreicht ihren Zenit in der Tatsache, dass Veranstaltungen teilweise erst im Nachhinein auf den Onlinekanälen bekannt gegeben wurden. Damit ist der Zutritt für die breite Öffentlichkeit und damit jede Möglichkeit von Widerspruch ausgeschlossen.

Um also einen solchen Raum bereitstellen und bespielen zu können, bedarf es neben Unterstützer:innen aus den Reihen der hauptamtlichen Parteifunktionär:innen, auch Akteur:innen, die vor Ort die finanziellen Mittel bereitstellen und die Organisation stemmen. In der antifaschistischen Recherche-Zeitschrift Lotta widmete sich der Journalist Benno Storz der Bedeutung des oben bereits erwähnten Andreas Schäfer im metapolitischen Konzept der neuen Rechten[23]:

„Die AfD versucht nicht nur, den öffentlichen Diskurs Stück für Stück nach rechts zu verschieben. Ihr erklärtes Ziel ist es, parallel-gesellschaftliche Strukturen aufzubauen, um eine nachhaltige völkische Einflussnahme auf die Gesellschaft zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, braucht es kapitalstarke Gönner, die sichere Arbeitsplätze, Wohnraum und weitere materielle wie ideelle Förderungen für ihre politischen Zöglinge bereitstellen. Die Idee dahinter ist simpel: Junge Kader der extremen Rechten können aufgebaut, gesteuert und exponiert werden, ohne Gefahr zu laufen, den Arbeitsplatz zu verlieren oder in eine finanzielle Schieflage zu geraten. Der Mentor hat die freie Entscheidung, inwiefern er oder sie in der Öffentlichkeit auftauchen möchte. [...]

Andreas Schäfer ist mit seinem Kapital, seinem Einfluss und seinem Ansehen als Unternehmer im Westerwaldkreis ein zentraler Knotenpunkt für AfD-nahe Strukturen. Diese Schlüsselposition macht seine Bedeutung für die rechte Szene deutlich”[24].

Als zugezogener Auszubildender und nunmehr Angestellter bei Andreas Schäfer erfüllte zunächst Justin Cedric Salka[25] die Rolle des „jungen, freundlichen Gesichts” und der treibenden Kraft der AfD Westerwald. Nach einer Hausdurchsuchung bei ebendiesem wegen des Verdachts, dieser habe Hitlerbildchen im Jahr 2021 über WhatsApp geteilt und dem medienöffentlichen Rücktritt Salkas aus den offiziellen Partei- und Kommunalgremien[26], betrat ein „neues Gesicht” nach demselben Muster die parteipolitische Bühne. Alexander Lehmann, bereits mit jungen Jahren tief vernetzt in der extrem rechten Szene[27], fungiert heute als stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes und tritt damit in Salkas Fußstapfen. Sein durch die AfD avisiertes Nachrücken in die kommunalen Ausschüsse konnte durch eine Aufklärungskampagne unseres Vereins und die daraus resultierende nahezu geschlossene Ablehnung Lehmanns durch die Ratsmitglieder verhindert werden. An dieser Stelle zeigt sich, wie Storz bereits darlegte, dass Finanziers wie Schäfer für die Entwicklung und Verankerung extrem rechter Strukturen im ländlichen Raum eine zentrale Rolle spielen.

Die direkte und offensichtliche Gefahr ergibt sich aus der Betrachtung der Vernetzung der Fassfabrik in die militante rechte Szene. Aussagekräftige Indizien lassen sich beispielsweise in Bildern von Veranstaltungen finden, die auf den offiziellen Social Media Kanälen der „Fassfabrik“ verbreitet wurden oder deren Räumen anhand von Bildanalysen zugeordnet werden können. Einerseits lassen sich ehemalige Vertreter der NPD-Westerwald, in deren Umfeld sich in den Nullerjahren eine militante Kameradschaft herausbildete[28], im Publikum wiederfinden[29]. Andererseits dient die Fassfabrik offensichtlich als Produktionsort für Propaganda-Videos der verschwörungsideologischen Szene. So streamt der Agitator der selbsternannten Widerstandsgruppe „Forke und Schaufel”, Mario Buchner, augenscheinlich vor der Kulisse des Veranstaltungsraums der „Fassfabrik“[30]. Unter den Augen eines überschaubaren Publikums betont der Westerwälder Buchner im Video die Notwendigkeit, den Veranstaltungsort geheim zu halten. Eine ausführliche Analyse zu Buchner findet sich in dieser Publikation auf den Seiten 15-17. So soll offenbar auch hier verhindert werden, dass direkte Unterstützungen der militanten, rechten Szene durch die AfD nachgewiesen werden können.

Selbstverharmlosung[31] betreibt auch der Landesverband der AfD-RLP, wenn dieser gegenüber dem SWR behauptet, dass die AfD nichts mit der Fassfabrik zu tun habe. Selbige sei ein „Freies Projekt"[32]. Angesichts der Tatsache, dass die AfD Westerwald die Fassfabrik als offizielle Adresse des Kreisverbandes benennt[33], erscheint diese Distanzierung mehr als unglaubwürdig. Über das Wechselverhältnis zwischen Selbstverharmlosung auf der einen und Radikalisierung auf der anderen Seite können uns zugespielte Chatverläufe einer AfD-internen WhatsApp-Gruppe Aufschluss geben. Anlässlich des jährlichen Gedenkspaziergangs zu Ehren des im Jahr 1990 von Neonazis in Hachenburg ermordeten Nihat Yusufoglu[34] beschwerte sich der Vorsitzende der AfD-Kreistagsfraktion, Jürgen Nugel, in einem Leserbrief der lokalen Rhein-Zeitung darüber, dass die Gedenkveranstaltung für den Ermordeten genützt würde, um „von einem 'Braunen Haus' in Hachenburg“ zu fabulieren[35]. In weiteren Reden seien außerdem rechtsextreme Strategien und Netzwerke der AfD Westerwald thematisiert worden. Nugel beklagt auf dieser Grundlage die „pauschale Herabwürdigung und Diskreditierung“ der AfD. Dieses Narrativ der Selbstviktimisierung wird durch die uns vorliegenden Gesprächsprotokolle eindrücklich konterkariert. Bezeichnenderweise entstanden diese zeitgleich zum von Nugel thematisierten Gedenken, zu dem man sich offenbar in der Fassfabrik verschanzte, um „die Angreifer [gemeint ist das Bündnis Gegen das Vergessen Hachenburg[36], a.d.R] abzuwehren“. In den Protokollen finden sich neben einem expliziten Todeswunsch an den politischen Gegner („sollen verenden"), angedeutete verbotene Parolen („Rotfront v...."), Beleidigungen („linke Pack", „die Schweine") und Entmenschlichungen („Rattengesindel", „hilfloser Müll"). Widerspruch findet sich in dem Chatverlauf auch nicht von Jürgen Nugel, der im Leserbrief behauptet, die Mitglieder der AfD würden ihre politischen Gegner stets mit Respekt behandeln[37]. In Ermangelung öffentlicher Zugänglichkeit der Fassfabrik-internen Veranstaltungen bietet Material wie dieses aus analytischer Perspektive eine sehr wertvolle Quelle, um das widersprüchliche Verhältnis zwischen harmloser Selbstdarstellung der AfD nach außen und gruppeninterner Realität an Gewalt- und Vernichtungsfantasien offen zu legen. Nicht zuletzt zeigt sich hier die Notwendigkeit, Radikalisierungsprozesse im Kontext der Fassfabrik ernst zu nehmen, diese vor Ort zu problematisieren und die daraus resultierenden Gefahren abzuwehren.

 

Ausblick

Anders als das wohl selbsternannte Vorbild „IfS” spielt Ideologieproduktion in der Fassfabrik nach aktuellem Kenntnisstand keine Rolle. Aus unserer Sicht kristallisieren sich zusammenfassend zentrale Problemfelder durch die Existenz der „Fassfabrik“ als Zentrum der extremen Rechten im Westerwald heraus:

  • Die „Fassfabrik“ ermöglicht der extremen Rechten spektrenübergreifend die ungestörte und interne Vermittlung der eigenen Ideologie.
  • Als Veranstaltungsort, gepaart mit organisatorischen und finanziellen Ressourcen, eröffnet die „Fassfabrik“ eine rechte Erlebniswelt, um insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene an die Ideologie der extremen Rechten heranzuführen.
  • Die Abgeschlossenheit und Unzugänglichkeit des Raumes für die demokratische Öffentlichkeit verbirgt und befördert gleichzeitig einen Radikalisierungsprozess sowie einen ausgeprägten Freund-Feind-Dualismus.
  • Das Bestehen und Erdulden einer Institution wie der „Fassfabrik“ befördert unweigerlich die Normalisierung extrem rechter Präsenz. Dies stellt eine reale sowie unmittelbare Bedrohung für all jene dar, die in das verfestigte Feindbild der „Fassfabrik“-Gänger:innen passen.

Auf Grundlage unserer Analyse und bereits bestehenden Erfahrungswerten ist die Zivilgesellschaft im Umgang mit diesen Gefahren für das demokratische und friedliche Zusammenleben besonders herausgefordert. Dass sich ein zentrales Ziel der „Fassfabrik“ und ihrer Akteur:innen, nämlich in breiten Gesellschaftsschichten Anerkennung zu finden und damit ihren Wirkungsradius über die eigene Blase hinaus zu erweitern, bis dato nicht erfüllt hat, ist nicht zuletzt der kontinuierlichen Aufklärungsarbeit sowie konsequentem zivilgesellschaftlichem Gegenprotest zu verdanken. Diese Ansätze gilt es für die Zukunft auszubauen und dahingehende Bemühungen zu intensivieren. Was wir für die Zukunft brauchen, ist ein konstruktives Zusammenspiel zwischen demokratisch-wehrhaften Institutionen, zivilgesellschaftlichen Vereinen, Akteur:innen und Organisationen sowie antifaschistischen Initiativen vor Ort. Aufklärung mittels journalistischer Recherchen, kontinuierliche Gegenproteste und ein von allen demokratischen Kräften getragenes Bekenntnis zur Haltung, dass Nazis in unseren Dörfern nicht toleriert werden, erscheint uns aus demokratischer Perspektive als dauerhafte Aufgabe und Verantwortung.

Aktuell taucht die Schlüsselfigur Andreas Schäfer nicht mehr in offizieller Funktion für die AfD auf, bekleidet aber weiterhin ihr bei den Kommunalwahlen 2019 für die AfD errungenes Mandat im Kreistag des Westerwaldes. Darüber, wie es zu diesem Rückzug aus der Partei kam, kann derzeit nur spekuliert werden. Es ist jedoch u.a. durch die Personalie Alexander Lehmann[38] davon auszugehen, dass Schäfer weiterhin Einfluss auf die künftige politische Ausrichtung der AfD Westerwald nimmt. Zudem bietet die Trennung von einer dezidierten Parteibindung tendenziell bessere Optionen, Rechten verschiedener Strömungen mit dem Projekt „Fassfabrik“ ein Angebot zu machen. Dass Schäfer mit seinen Möglichkeiten als Geschäftsmann das antidemokratische Projekt weiter vorantreiben wird, scheint indes offensichtlich. So erhielt die „Fassfabrik“ jüngst ein Rebranding mit neuem Logo auf ihrem Instagram-Kanal, bevor dieser gelöscht wurde. Ob dieses widersprüchliche Detail als Vorläufer einer neuen, metapolitischen Offensive, oder als weitere Abschottungsmaßnahme zu werten ist, bleibt abzuwarten. Langfristig kann das Ziel für Demokrat:innen nur lauten, keine Ruhe zu geben, bis die „Fassfabrik“ gänzlich ihre Tore schließt.

 

Update zur 2., aktualisierten Auflage:

Die mit Redaktionsschluss im November 2022 aufgeworfenen Thesen zur künftigen Nutzung und Relevanz der "Fassfabrik" haben sich in der Zwischenzeit sowohl bestätigt und präzisiert als auch widerlegt. Am 14.01.2023 sollte laut geleakten Informationen aus einem rechten Telegram-Kanal in den Räumen der "Fassfabrik" ein Vernetzungstreffen extrem rechter Akteure aus dem ganzen Bundesgebiet stattfinden. Nach Veröffentlichung durch unseren Verein und Thematisierung in der lokalen Presse blieb das Treffen an diesem Tag jedoch aus. Stattdessen versammelte sich ein breites Bündnis aus Amtsträger:innen, Parteien, Initiativen und Kirchen vor der "Fassfabrik" und machte den demokratischen Widerstand an diesem Tag auch für die extreme Rechte sichtbar, so dass ebendieser offenbar die Lust an ihrem Treffen verging. Ferner kann konstatiert werden, dass das gängige Muster, insbesondere extrem rechte Vertreter der AfD zu Vorträgen einzuladen, weiter besteht. So besuchten beispielsweise am 23.03.2023 Roger Beckamp (MdB) und am 06.05.2023 Gunnar Lindemann (MdA Berlin) die "Fassfabrik". Weiterhin stellen wir fest, dass nur ausgewählte Veranstaltungen öffentlich beworben werden meist erst kurz vor Durchführung derselben. Im Publikum befinden sich nahezu ausschließlich Mitglieder der Partei, die teils aus einiger Entfernung anreisen. Eine Wirkung in die breite Öffentlichkeit vor Ort ist nicht zu verzeichnen, wenngleich diese Veranstaltungen teilweise über Facebook gestreamt werden und somit zumindest virtuell Reichweite erzielen.

Der am 05.06.2023 veröffentlichte Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2022 des Landes Rheinland-Pfalz bestätigt die Nutzung der "Fassfabrik" zwecks Schulungen und Kampfsporttrainings durch die gewaltaffine Neonaziszene, die sich in der Partei "Der III. Weg" organisiert.

Im März 2023 wurde laut Presseartikel ein neuer Vorstand der AfD-Westerwald gewählt. Neben zwei konstanten Persönlichkeiten wie dem Vorsitzenden Jan Strohe und Jürgen Nugel (stellvertretender Vorsitzender) fällt auf, dass Alexander Lehmann offenbar keine Funktion in der AfD-Westerwald mehr innehat. Noch im April 2022 wurde dieser in einem Presseartikel als zuständig für den Kommunalwahlkampf 2024 erklärt. Die These, dass Andreas Schäfer als Schlüsselfigut der "Fassfabrik" durch die Personalie Lehmann weiterhin Einfluss auf die politische Ausrichtung der AfD-Westerwald nimmt, ist damit zumindest laut offiziellen Verlautbarungen der Partei widerlegt. Belegt ist jedoch, dass die AfD-Westerwald trotz Beobachtung der "Fassfabrik" durch den Landesverfassungsschutz die Räume der "Fassfabrik" weiterhin für ihre Parteiarbeit nutzt. Des Weiteren ist durch eigene Beobachtungen belegt, dass Andreas Schäfer nach wie vor bei Veranstaltungen der "Fassfabrik" vor Ort ist, er teilweise auch als Fahrdienst für Gäste der AfD-Westerwald fungiert.

 

[1] Quelle: Facebook-Screenshot; gesichert im Archiv DEMOS e.V.

[2] Siehe hierzu auch: der rechte rand.  Das antifaschistische Magazin (Hrsg.) Das IfS. Faschist*innen des 21. Jahrhunderts, 2020, Hamburg: VSA-Verlag.

[3] Benno Storz: „Habe wieder die Tarnmaske auf“, 2018, S.26-27 in: Lotta. Antifaschistische Zeitung aus NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen #73.

[4] Siehe hierzu Horst Freires: Denkfabrik der Neuen Rechten gesichert rechtsextrem, endstation-rechts.de, 08.10.2021, https://www.endstation-rechts.de/news/denkfabrik-der-neuen-rechten-gesichert-rechtsextrem, zuletzt abgerufen am 10.10.2022

[5] Siehe hierzu Homepage Schäfer Hörgeräte Impressum, https://www.schaefer-hoergeraete.de/impressum/, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[6] Siehe hierzu Homepage Kreisverwaltung Westerwald, https://sessionnet.krz.de/westerwaldkreis/bi/kp0040.asp?__kgrnr=1&,"https://sessionnet.krz.de/westerwaldkreis/bi/kp0040.asp?__kgrnr=1&, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[7] Siehe hierzu Hassfabrik dichtmachen!, Homepage DEMOS e.V., https://www.demos-ww.de/blog/2021-08-27-fassfabrik.html, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[8] Siehe hierzu Hachenburger Bürgermeister durfte sich kritisch zur „Fassfabrik“ äußern, WW-Kurier, 07.05.2021, https://www.ww-kurier.de/artikel/101928-hachenburger-buergermeister-durfte-sich-kritisch-zur--fassfabrik--aeussern, zuletzt abgerufen am 19.11.2022.

[9] Siehe hierzu Hassfabrik dichtmachen!, Homepage DEMOS e.V., https://www.demos-ww.de/blog/2021-08-27-fassfabrik.html, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[10] Paul ist unteranderem Mitglied der extrem rechten Burschenschaft Raczeks zu Bonn und soll unter einem Pseudonym für das extrem rechte H&J Magazin geschrieben haben. Siehe hierzu Anke Petermann: Neue Hinweise auf AfD-Politiker Joachim Paul als Autor, Deutschlandfunk.de, 07.11.2019, https://www.deutschlandfunk.de/rechtsextreme-publikation-neue-hinweise-auf-afd-politiker-100.html, zuletzt abgerufen am 19.11.2022.

[11] Kalb, der nach unseren Beobachtungen, sonst ein betont harmloses Image der Partei nach außen darzustellen versucht, zeigt hier, dass er keine Berührungsängste mit dem extrem rechten Flügel der Partei zu haben scheint. Siehe hierzu https://sessionnet.krz.de/westerwaldkreis/bi/kp0040.asp?__kgrnr=1&, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[12] Im Oktober 2018 rechtsgültig verurteilt wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung. Siehe hierzu Markus Lachmann: AfD-Politiker Münzenmaier zu Geldstrafe verurteilt, Allgemeine Zeitung, 17.12.2018, https://www.allgemeine-zeitung.de/politik/rheinland-pfalz/afd-politiker-munzenmaier-zu-geldstrafe-verurteilt_19844461, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[13] Mitglied im islamfeindlichen Verein “Pax Europa” und zog über die Landesliste der AfD RLP 2021 erneut in den Bundestag ein. Siehe hierzu Marc Röhlig: Neun AfDler im Bundestag wurden in der "Jungen Alternative" groß. Wie extrem sind sie? Eine Bestandsaufnahme, Der Spiegel, 04.02.2019, https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-im-bundestag-wie-extrem-sind-die-abgeordneten-der-jungen-alternative-a-b263c302-68e2-4b6c-a05b-0ac0ac5dd7f5, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[14] Die vielfältigen Hinweise auf Kalbitz extrem rechte Vergangenheit und Gegenwart hat der Volksverpetzer zusammengefasst. Siehe hierzu Gegen die AfD: DIE GESAMTE RECHTSEXTREME BIOGRAFIE VON ANDREAS KALBITZ,19.06.2020, https://www.volksverpetzer.de/analyse/rechtsextreme-biografie-andreas-kalbitz/, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[15] Siehe hierzu Gabriele Nandlinger: Nach langem Anlauf verboten: Die HDJ, bpb.de, 16.12.2008, https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/41300/nach-langem-anlauf-verboten-die-hdj/, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[16] Zu den aktuellen Entwicklungen der juristischen Auseinandersetzung mit dem Ausschluss Kalbitz. Siehe hierzu Berliner Landgericht bestätigt AfD-Ausschluss von Kalbitz, spiegel.de, 22.04.2022, https://www.spiegel.de/politik/deutschland/andreas-kalbitz-berliner-landgericht-bestaetigt-afd-ausschluss-von-kalbitz-a-ccc5e65c-8118-4eb7-b925-45d48f54caa5, zuletzt abgerufen am 19.11.2022.

[17] Aktuelle Entwicklungen legen eine Re-Institutionalisierung des Flügels nahe. Siehe hierzu Gareth Joswig: Fackel statt Flügel. Der AfD-Abgeordnete Thorsten Weiß hat in Berlin offenbar eine Plattform für die völkische Strömung gegründet. Beim ersten Treffen war Höcke zu Gast, taz.de, 20.10.2022, https://taz.de/Voelkische-Plattform-in-der-AfD-Berlin/!5889622/, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[18] Siehe hierzu dpa/els/can: Störaktion im Bundestag: AfD-Abgeordneter aus BGL äußert sich, pnp.de, 20.11.2020, https://www.pnp.de/lokales/berchtesgadener-land/Stoeraktion-im-Bundestag-AfD-Abgeordneter-aus-BGL-aeussert-sich-3845489.html, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[19]Gilt mit seiner mehrfach historischen Konnotation (z.b. Ausrufung der Republik 1918, Hitlerputsch 1923, Reichs-Programmnacht 1938, Mauerfall 1989) als ”Schicksalstag der Deutschen”. Siehe hierzu 9. November „Schicksalstag“ in der deutschen Geschichte, lpb-bw, letzte Aktualisierung: Oktober 2022, https://www.lpb-bw.de/9-november, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[20] Siehe hierzu Hassfabrik dichtmachen!, Homepage DEMOS e.V., https://www.demos-ww.de/blog/2021-08-27-fassfabrik.html, zuletzt abgerufen am 20.11.2022.

[21] Siehe hierzu Philip Kreißel: MIKRO WAR NOCH AN: AFD HOFFT, DASS ES IN DEUTSCHLAND „DRAMATISCH“ WIRD, volksverpetzer.de, 07.09.2022, https://www.volksverpetzer.de/afd/afd-hofft-deutschland-dramatisch-geht/, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[22] Wie unteranderem die extrem rechte Aktivistin Reinhild Boßdorf, die für einen Vortrag in die Fassfabrik geladen wurde. Siehe hierzu Hassfabrik dichtmachen!, Homepage DEMOS e.V., https://www.demos-ww.de/blog/2021-08-27-fassfabrik.html, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[23] Hinter dem metapolitischen Ansatz der Neuen Rechten steht der Versuch Anerkennung und Zugang über Populärkultur zu erlangen und damit eine Kulturrevolution und einen Systemwechsel herbeizuführen. Siehe hierzu Armin Pfahl-Traughber: Was die "Neue Rechte" ist – und was nicht. Definition und Erscheinungsformen einer rechtsextremistischen Intellektuellengruppe, bpb.de, 21.01.2019, https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/284268/was-die-neue-rechte-ist-und-was-nicht/, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[24] Benno Storz: „Habe wieder die Tarnmaske auf“, 2018, S.26-27 in: Lotta. Antifaschistische Zeitung aus NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen #73.

[25] Siehe hierzu Hassfabrik dichtmachen!, Homepage DEMOS e.V., https://www.demos-ww.de/blog/2018-03-16-dossier-afd-westerwald.html, zuletzt abgerufen am 28.10.2022.

[26] Siehe hierzu dpa: AfD-Vorstandsmitglied soll Hitler-Bilder verschickt haben, sueddeutsche.de, 06.10.2021, https://www.sueddeutsche.de/panorama/kriminalitaet-koblenz-afd-vorstandsmitglied-soll-hitler-bilder-verschickt-haben-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-211006-99-503817, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[27] Siehe hierzu Alexander Lehmann – Ein Nazi will in den Hachenburger Stadtrat, Facebook DEMOS e.V., 04.12.2021, https://www.facebook.com/demoswesterwald/posts/pfbid034EL6g5KMpd6TWAqDSUudnXbc2Vti5LXWB7pD9cXrULxNXLdjJ1G3MnGT3ECa3R2Bl, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[28] Siehe hierzu Westerwald: Eine Kameradschaft und ihr Ende, Antifaschistisches Infoblatt, 06.03.2006, https://www.antifainfoblatt.de/artikel/westerwald-eine-kameradschaft-und-ihr-ende, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[29] Auf einer Veranstaltung ist Christian Greeb von hinten zu erkennen. Er saß bis 2009 für die NPD im Kreistag WW und zog zuletzt 2020 nach Berlin, um auf eine Revolution zu spekulieren. Bildquellen dokumentiert unter: Hassfabrik dichtmachen!, Homepage DEMOS e.V., https://www.demos-ww.de/blog/2021-08-27-fassfabrik.html, zuletzt abgerufen am 23.10.2022; siehe hierzu auch  Luis Caballero, Stefan Diehl: Die NPD in rheinland-pfälzischen Kommunalparlamenten, politische-bildung.rlp.de, 2016, https://www.politische-bildung.rlp.de/fileadmin/images/Bach/NPD_Broschuere_2._Auflage_2016.pdf, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[30] Bildquellen dokumentiert unter: Hassfabrik dichtmachen!, Homepage DEMOS e.V., https://www.demos-ww.de/blog/2021-08-27-fassfabrik.html, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[31] Siehe hierzu Monitor: „Selbstverharmlosung“: Die Medienstrategie der AfD, ardmediathek.de, 19.09.2019, https://www.ardmediathek.de/video/monitor/selbstverharmlosung-die-medienstrategie-der-afd/das-erste/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLTg3NzBmMzA4LTQ5MTQtNDczMy05N2JkLTFlZDFiZTBlYTVlMA, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[32] Siehe hierzu Der Bericht des SWR, Facebook DEMOS e.V., 29.10.2020, https://www.facebook.com/1139552122784662/posts/4608269969246176/, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[33] Siehe auch Impressum Homepage der AfD-Westerwald, https://www.afd-westerwald.de/impressum, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[34] Siehe hierzu Nihat Yusufoğlu, wikipedia.org, 28.07.2021, https://de.wikipedia.org/wiki/Nihat_Yusufo%C4%9Flu, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[35] Siehe hierzu https://www.demos-ww.de/blog/2021-03-14-mut-zur-wahrheit.html, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[36] Loses Bündnis einzelner Akteur:innen, welches die Gedenkarbeit in Hachenburg organisiert.

[37] Siehe hierzu https://www.demos-ww.de/blog/2021-03-14-mut-zur-wahrheit.html, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

[38] Siehe hierzu Pressemitteilung AfD Westerwald: Parteitag des AfD Kreisverbandes Westerwald, ww-kurier.de, 26.04.2022, https://www.ww-kurier.de/artikel/115070-parteitag-des-afd-kreisverbands-westerwald, zuletzt abgerufen am 23.10.2022.

 

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DEMOS e.V. ist ein eingetragener ehrenamtlicher Verein. Um diese Arbeit leisten zu können, bedarf es aktiver Mitglieder und Menschen die uns finanziell unterstützen. Mit einem Förderbeitrag im Verein können Sie einen Beitrag hierzu leisten.

Hier finden Sie unsere Satzung und unseren Mitgliedsantrag.

Eine steuerabzugsfähige Spende können Sie uns auf das Konto der Westerwald Bank eG, Hachenburg unter der IBAN: DE56 5739 1800 0012 8499 07 oder via PayPal überweisen.
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